ST. ANTONIUS in Niederbardenberg

Die Pfarrkirche St. Antonius in Niederbardenberg ist zwar mit ihren 75 Jahren ein relativ junger Bau, doch besitzt sie eine lange Vorgeschichte. An ihrem Ort, genauer gesagt unterhalb des kleinen Vorplatzes an der Ecke Wolfstraße/Blücherstraße, stand seit der Zeit des Dreißigjährigen Krieges ein Heiligenhäuschen. Die ältere Forschung will es gar auf eine mittelalterliche Pilgerherberge – ein Hospiz – zurückführen, deren Kapelle auch nach dem Abbruch der Hauptgebäude stehen geblieben sei. Diese Kapelle sei dem Hl. Jodocus geweiht gewesen, einem Einsiedler, der als Schutzpatron der Pilger, der Feldfrüchte und der Ernte gilt und auch gegen Pest, Fieber und andere Krankheiten angerufen wird. 1733 war das Heiligenhäuschen so baufällig geworden, daß ein größerer Eingriff nötig schien. Die Bauarbeiten wurden noch im gleichen Jahr durchgeführt, denn schon am 12. Januar 1734, dem Tag des Hl. Einsiedlers Antonius, konnte die Kapelle durch den Pfarrer von Bardenberg benediziert werden. Nach einer längeren Zeit der Spannungen und Auseinandersetzungen mit der Mutterpfarre in Bardenbeg wurde am 23. Dezember 1843 die Kapelle Niederbardenberg offiziell als gesetzlich bestehende anerkannt sowie Forstum und Wefelen dem Kapellenbezirk zugeordnet. 

1885 wurde der Antonius-Kirchbau-Verein ins Leben gerufen, um „durch regelmäßige Sammlungen innerhalb des Kapellenbezirks einen Fonds zu schaffen zur Vergrößerung der jetzigen viel zu kleinen St. Antonius-Kapelle, oder, da die Vergrößerung der Kapelle nicht füglich bewerkstelligt werden kann, eventuell zum Baue einer neuen Kapelle“. Von der Kapelle haben sich nur wenige Pläne und Fotografien und keinerlei bauliche Reste erhalten. Alle Pläne und Fotografien zeigen den Bau nach den Eingriffen des Jahres 1888 und kurz vor dem Abriß. Die Kapelle war demnach ein schlichter Ziegelbau, an den 1888 ein nicht minder schlichter, etwa 10 m langer Chor und wahrscheinlich eine Sakristei angebaut worden war. Der alte Teil wies im Inneren eine Länge von 14,50 m und eine Breite von 5,20 m auf, war aber mit nur 5-6 m Höhe recht niedrig. Nach dem Umbau überwölbten vier Kreuzgratgewölbe den Kirchenraum, die aber nicht massiv, sondern als Holz-Rabitz-Konstruktionen ausgeführt waren. Das Dach über dem Chorbereich war etwas höher und bildete eine Vierung aus, die von einem diagonal gestellten Dachreiter bekrönt war. Hier war das Kapellenglöckchen aufgehängt. Daß die Kapellenerweiterung 1888 die Raumprobleme der Gemeinde tatsächlich hatte lösen können, muß bezweifelt werden. Pfarrer Roerig betonte 1925, daß die Erweiterung „nach der Ansicht weitschauender Leute sehr unzweckmäßig und unzureichend“ sei. In jedem Fall war der Bau nicht konsekriert, sondern nur benediziert, auch als er schon als Pfarrkirche diente und obwohl das Allerheiligste dort ständig aufbewahrt wurde. Die Ausstattung mit liturgischen Geräten und Paramenten war außerdem sehr reduziert. 1889 besaß man „die nötigsten Meßgewänder, nämlich eines in jeder Farbe und ein zweites grünes Gewand, zwei Kelche, zwei Ziborien, eine Monstranz, eine Pyxis und ein Krankenziborium“, eine Ausstattung, die sich bis zur Pfarrerhebung 1923 nicht nennenswert vergrößert hatte.

Am 15. Dezember 1926 entschied der Kirchenvorstand, angesichts der bevorstehenden Aufgaben wieder einen Kirchenbauverein zu gründen. Schon im kommenden Jahr sollte mit dem Bau des Pfarrhauses begonnen werden. Zugleich plante man, so schnell wie möglich eine neue Kirche, ein Jugendheim und einen Versammlungsraum zu errichten. Nachdem die Finanzierung möglich schien, beschloß der Kirchenvorstand am 17. Februar 1929, im kommenden Frühjahr mit dem Kirchenbau zu beginnen, um das Kapital nicht durch Inflation zu gefährden. Nachdem Pfarrer Fischer die Kirche schon an Weihnachten 1929 benediziert hatte, nahm Weihbischof Sträter am 5. Mai 1930 die feierliche Konsekration des Bauwerks vor.

Als während des Zweiten Weltkrieges die Front im Herbst 1944 auch über Niederbardenberg hinwegrollte, nahm die Kirche vor allem an den Fenstern, den Dächern und am Mauerwerk Schaden. Die Behelfsorgel (von 1914) wurde am 7. Oktober 1944 durch einen Granattreffer weitestgehend zerstört. Im Rahmen der Sanierungsarbeiten entschied man sich, die Fensteröffnungen durch die Firma Essers (Herzogenrath) mit bunten Kathedralglasscheiben verschließen zu lassen. Dies geschah bis zum Herbst 1947. Im Oktober 1948 war die Reparatur des Kirchengewölbes beendet, zwei Jahre später der Innenraum neu gestrichen.

Besonders Pfarrer Hubert Emonds sollte die Gemeinde 1952 rasch aus den Zwistigkeiten herausführen und die Kirche St. Antonius in seiner fast 30jährigen Amtszeit bleibend prägen. 1962/63 beschaffte Pfarrer Emonds drei wertvolle Bildwerke der Spätrenaissance und des Barock, um sie im Chorbereich der Kirche aufzustellen: Er fand in der Antoniuskapelle von Hülserberg eine wohl 1782 angefertigte Antoniusfigur, die einst den Schützen von Tönisberg gehörte, dann aber in den Besitz des Kempener Heimatforschers Verhouven gelangt war.

Die liturgischen Veränderungen im Zuge der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils waren nicht zuletzt das Ergebnis der persönlichen Beschäftigung und eigener Planungen von Pfarrer Emonds. Dies betraf auch die Neuordnung des Altarraumes. Im Februar 1970 gab das Bistum die Genehmigung zum Abbruch des alten Hochaltares. Der neue Altar wurde so zügig erstellt, daß ihn Missionsbischof Peter Kelleter aus Südafrika, ein geborener Bardenberger, am 3. Mai 1970 konsekrieren konnte.

1980 ging Pfarrer Emonds in den Ruhestand. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er an St. Mariä Himmelfahrt in Herzogenrath, blieb seiner alten Pfarrkirche aber weiterhin verbunden. Das mit Bronzeblechen beschlagene Kirchenportal etwa, ein Werk Bückens, kam 1993 nur dank einer Spende des ehemaligen Pfarrers zustande. Bei seinem Tode 1994 verblieb Emonds‘ Primizkelch in der Gemeinde, ein schönes silbervergoldetes Stück der 1930er Jahre mit einem Nodus aus Elfenbein.

Bis heute präsentiert sich die Pfarrkirche St. Antonius weitgehend so, wie sie Pfarrer Emonds 1980 verlassen hat. Zwar wurde die Kirche verschiedentlich renoviert, der Innenraum neu gestrichen und die Beleuchtung verändert, aber in ihren wesentlichen Zügen ist sie in einem Guß nach den Planungen von Pfarrer Emonds erhalten.

​Auch nach der Fusion der Gemeinden St. Antonius, St. Gertrud und St. Mariä Himmelfahrt am 5. Mai 2005 bleibt die „Kirche im Dorf“. Ein neu gegründeter „Kirchenbauverein“, ein Ausschuß des Kirchenvorstands, will dafür Sorge tragen, daß die Bauunterhaltung auch weiterhin gesichert ist. Ihm sei ein gutes Schicksal beschieden!

 

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